Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) hat Gerichtsakten analysiert und herausgefunden: Rund die Hälfte der Motorradunfälle werden vom Motorradlenker selbst verursacht. Am häufigsten tödlich endet die Fehleinschätzung von Straßengegebenheiten.
Die Zahl der Motorradunfälle ist in den letzten Jahren demnach weitgehend konstant geblieben. Im Durchschnitt ereigneten sich pro Jahr etwa 3.370 Unfälle mit Personenschaden, 2008 konnte dieser Durchschnitt mit 3.217 Unfällen unterschritten werden. Bezogen auf den Motorradbestand sank die Zahl der Motorradunfälle in den letzten sieben Jahren um 20 Prozent leicht – von elf auf nunmehr neun Unfälle mit Personenschaden pro 1.000 Fahrzeuge.
Trotz dieser Stagnation ist das Risiko, als Motorradbenutzer bei einem Unfall getötet zu werden, ungebrochen hoch. Während mit dem Pkw etwa jeder siebzigste Unfall tödlich ausgeht, endet einer von 35 Verkehrsunfällen für den Motorradlenker bzw. dessen Mitfahrer tödlich. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) hat im Auftrag des Verkehrsministeriums und gefördert durch den Verkehrssicherheitsfonds die Gerichtsakten von 212 Motorradunfällen mit Getöteten der Jahre 2002 bis 2004 genauer analysiert: In den meisten Fällen haben Fehleinschätzungen der Umfeldbedingungen, Selbstüberschätzung und Sorglosigkeit mit tödlichen Unfällen geendet.
Die Hauptunfallursachen
Bei gerichtsanhängigen Verkehrsunfällen mit tödlichem Ausgang tragen Motorradlenker an rund der Hälfte der Fälle selbst die (Haupt-)Schuld. Wie im gesamten Unfallgeschehen spielt die Geschwindigkeit auch bei Motorradunfällen eine unrühmliche Hauptrolle. Bei einem Viertel der untersuchten Fälle wurde das örtliche Geschwindigkeitslimit überschritten, bei weiteren 29 Prozent wurde das Tempo nicht den Witterungs- oder Anlageverhältnissen angepasst. Dabei wurde auch häufig festgestellt, dass der Lenker den weiteren Straßenverlauf falsch eingeschätzt hat. Besonders auffallend ist, dass zumeist junge und unerfahrene Motorradfahrer bei Touren mit versierten Kollegen verunglücken. Die Anfänger fahren am Pulkende und versuchen, mit der Gruppe mitzuhalten. Dabei gehen sie größere Risiken ein und geraten so in Fahrsituationen, mit denen sie wegen ihrer mangelnden Erfahrung noch überfordert sind.
Fehleinschätzungen sind auch bei der zweiten Hauptunfallursache ein wesentlicher Faktor: Zahlreiche Motorradunfälle passieren bei Überholmanövern in leichten Rechtskurven. Meistens schaut der Motorradfahrer am vorausfahrenden Fahrzeug rechts vorbei und übersieht dabei ein entgegenkommendes Fahrzeug, das vom Vordermann verdeckt wird. Für rettende Bremsmanöver bleibt dann keine Zeit mehr.
Tödliche Probefahrten
Im Rahmen der Auswertungen fiel außerdem auf, dass Motorradfahrer oft im Zuge von Probefahrten tödlich verunglückten. Das Bike wurde für eine Spritztour ausgeliehen – meist ohne adäquate Schutzbekleidung und in einigen Fällen sogar ohne Sturzhelm. Dazu kommen die mangelnde Vertrautheit mit den Eigenschaften des Motorrades und die Versuchung, die Fahrleistung bis an die Grenze auszureizen. Verkehrssituationen, die mit korrekter Ausstattung u.U. glimpflich verlaufen würden, enden unter solchen Bedingungen tödlich.
Quelle Krone.at