Elektrische Lkw aus Schweden
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Erster Produktions-Standort steht fest
Das Start-up Volta Trucks will bis 2025 vier Modelle auf den Markt bringen. Nun steht fest: Die Elektro-Lkw werden in Österreich gefertigt – bei Steyr Automotive.
Schwere Unfälle, bei denen große Lkw im Stadtverkehr Radfahrer oder Fußgänger übersehen, bestimmen leider regelmäßig die Schlagzeilen. Doch Baustellen-Fahrzeuge und Lieferverkehr lassen sich nicht komplett aus den Städten aussperren. Das schwedische Startup Volta Trucks will mit einem neuen Nutzfahrzeug-Konzept gegensteuern.
09-2020-Volta-Zero-169Gallery-2f55ade8-1720091.jpgDer Fahrer oder die Fahrerin sitzen tief und mittig. Dadurch sollen andere Verkehrsteilnehmer besser zu sehen sein.
Die stadttauglichen Elektro-Lkw weisen allesamt ein ungewohntes Layout auf. Die Fahrerinnen und Fahrer sitzen sehr tief und mittig im großzügig verglasten Cockpit. Diese Position sorgt für eine gute Rundumsicht auf Augenhöhe mit anderen Verkehrsteilnehmern; außerdem wird die passive Sicherheit bei einem Seitenaufprall erhöht. Des Weiteren erwarten die Schweden, dass sich damit Verletzungen bei Lkw-Fahrerinnen und -Fahrern, die durch das Hoch- und Herunterklettern entstehen, minimieren lassen.
Der Antrieb sitzt an der Hinterachse
Die tiefliegenden Fahrerhäuser der Volta Lkws werden erst durch das Elektro-Layout möglich. Der Antrieb des Erstlingswerks Zero stammt von Meritor und sitzt als Kombination aus Motor und Getriebe an der Hinterachse. Die Batterien bringt Volta Trucks zentral im Chassis unter. Die vom Zulieferer Proterra aus modularen Lithium-Eisen-Phosphat-Zellen aufgebauten Akkupakete bieten eine Kapazität von 160 bis 200 Kilowattstunden. Damit sollen Reichweiten zwischen 150 und 200 Kilometern drin sein. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 90 km/h begrenzt.
07-2021-Volta-Zero-Elektro-Lkw-Chassis-Fahrgestell-169Gallery-52820b06-1810260.jpgDer Antrieb sitzt hinten, und die Batterien bringt Volta zentral im Chassis unter.
Die aktuelle Strategie des in Schweden ansässigen, aber weitgehend aus Großbritannien operierenden Startups sieht eine aus vier Lastwagen bestehende Modellpalette vor. Die Volta-Trucks sollen eine Bandbreite in puncto Gesamtgewicht von 7,5 über 12 und 16 bis 19 Tonnen abdecken. Als Blaupause dient dabei der 16-Tonner Volta Zero. Der Lkw für den Verteilerverkehr ist 9,46 Meter lang, 3,45 Meter hoch und 2,55 Meter breit. Sein Ladevolumen beträgt 37,7 Kubikmeter, was für 16 Euro-Paletten reichen soll; die Zuladung beziffert der Hersteller mit 8,6 Tonnen.
Straffer Zeitplan für die Serienfertigung
Ende 2021 soll die Produktion einer Pilotflotte starten, deren Exemplare ab Jahresmitte 2022 ersten interessierten Kunden zum Testen zur Verfügung gestellt werden. Kurz nach dem regulären Fertigungsstart des Zero, der für das Jahresende 2022 geplant ist, will Volta 2023 mit den 12- und 16-Tonnen-Varianten nachlegen. Für die Entwicklung des 7,5-Tonnen-Modells nehmen sich die Schweden mehr Zeit. Dieses befindet sich derzeit in der frühen Design-Phase und soll 2024 starten. Ein Jahr später will das Unternehmen bereits 27.000 Fahrzeuge im Jahr fertigen.
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Volta Trucks will mit seinen batterieelektrischen Lkw bis 2025 voll durchstarten.
Volta Trucks will seine Lkw den Kunden jedoch nicht zwangsläufig verkaufen. Das Unternehmen plant ein "Truck-as-a-Service"-Angebot (TaaS), bei dem eine monatliche Gebühr alle Service-, Wartungs-, Versicherungs- und Schulungsanforderungen abdeckt.
Produktions-Deal mit Steyr
Laut Carl-Magnus Norden, dem Gründer von Volta Trucks, lagen zum Zeitpunkt der Zero-Präsentation bereits einige Vorbestellungen vor. Im Januar 2021 hat das Unternehmen bekanntgegeben, einen ersten Großauftrag erhalten zu haben: Petit Forestier, der Betreiber von Europas größter gewerblicher Kühlfahrzeug-Vermietungsflotte, hat 1.000 Zero-Exemplare bestellt. Insgesamt soll das Auftragsvolumen zum damaligen Zeitpunkt 260 Millionen US-Dollar (etwa 216 Millionen Euro) betragen haben.
09-2021-Lkw-Werk-Steyr-von-Steyr-Automotive-169Gallery-9987e392-1830736.jpgZusammen mit Steyr Automotive wird Volta die ersten Zero-Exemplare in Oberösterreich bauen.
Die Schweden planen, zuerst in Europa durchzustarten und später in die USA sowie nach Asien zu expandieren. Sie wollen ein Produktions-Netzwerk aufbauen, in dem die Fabriken jeweils nah bei den Zielmärkten angesiedelt sein sollen. Damit will Volta Trucks die Lieferketten kurz halten und den CO2-Fußabdruck sowie die damit verbundenen Kosten minimieren. Nun steht der erste Produktions-Partner fest: Steyr Automotive (vormals MAN Truck and Bus Austria) wird in der gleichnamigen Stadt in Oberösterreich die ersten Exemplare des Volta Zero fertigen. Als Grund für die Wahl nennt das Start-up die große Erfahrung des Unternehmens im Nutzfahrzeugbau sowie die bereits vorhandene Fertigungs-Infrastruktur, die eine schnelle Markteinführung möglich machen soll. Zudem sei das Werk ideal gelegen, um von dort aus die ersten großen Zielmärkte London und Paris zu bedienen.
Barcelona kommt nicht zum Zuge
Die eher dezentrale Lage war letztlich wohl ausschlaggebend, dass sich Volta Trucks im ersten Schritt gegen ein ursprünglich ins Auge gefasstes Werk in der Nähe von Barcelona entschieden hat. Vielleicht kommt der einst von Nissan betriebene Standort aber wieder ins Spiel, sobald Volta auf den südeuropäischen Markt expandiert. Perspektivisch sollen weitere Produktionsstandorte in Europa, Nordamerika und Asien folgen.
Das Konzept des elektrischen Lkw für den urbanen Verkehr ist interessant, aber nicht komplett neu. Das Besondere an den Volta-Lkw ist die tiefe Sitzposition der Fahrerinnen und Fahrer und der damit einhergehende Sicherheitsgewinn. Ob das im Zusammenspiel mit der Elektroantriebs-Technik reicht, um die ambitionierten Ziele zu erreichen, wird sich zeigen.
quelle: https://www.auto-motor-und-sport.de/tech-zukunft/s…ks-elektro-lkw/