• Fernfahrer in Nordamerika: Gesucht und geachtet

    Unterwegs in USA und Kanada

    Unterwegs-in-USA-und-Kanada-19-fotoshowImageNew-bef81a5f-206683.jpg

    Nordamerika erscheint vielen deutschen Fernfahrern als das Paradies auf Erden. Doch neben vielen Vorteilen gibt es auch in den USA und Kanada Pflichten, die man beachten muss.

    Unterwegs-in-USA-und-Kanada-19-fotoshowImageNew-2acdae5-206681.jpg Unterwegs-in-USA-und-Kanada-19-fotoshowImageNew-2ec71b32-206678.jpg

    Es war in diesem Frühjahr. Nach sieben Jahren als Trucker in Nordamerika habe ich irgendwo in Quebec tatsächlich einen gesehen. Ich musste zweimal hinsehen und konnte es kaum glauben: Da war tatsächlich ein Palettenkasten unter einem Auflieger. Es gibt sie also auch hier in Amerika, diese verdammten Palettenkästen.

    Der arme Fahrer! Er war wohl ein Citytrucker. Kein Fernfahrer hier würde Paletten ein- und ausräumen, und kaum einer würde einen Gabelhubwagen in die Hand nehmen, und wenn, dann nur gegen gute Bezahlung. Ich durfte einmal in sieben Jahren eine Ladung Tierfutter selbst laden.
    Fernfahrer sind in Nordamerika geachtete Leute

    Unterwegs-in-USA-und-Kanada-19-fotoshowImageNew-4c37123b-206672.jpg

    Trucker sind in Nordamerika ehrenwerte und geachtete Leute. "The backbone of the economy" – das Rückgrat der Wirtschaft.Trucker waren früher fast alle in der berühmtberüchtigten Gewerkschaft der Teamster organisiert. Die Teamster sind auf dem Rückzug. Es gelingt der Gewerkschaft immer seltener sich in Transportfirmen zu etablieren. Schafft es die "Union" in einer Transportfirma 50 Prozent plus einen Fahrer zu organisieren, so gilt die Firma als "unionized" und alle Fahrer müssen der Gewerkschaft beitreten.

    Letztes Jahr verkündete Teamster dass man die kanadische Firma Challenger "übernehmen" wolle und aggressiv Challenger-Fahrer anwerben wolle. Das hatte zur Folge, dass sich die Arbeitsbedingungen drastisch verbesserten. Unternehmer wehren sich mit Händen und Füßen gegen die Gewerkschaft zum Vorteil der Fahrer. Trucker sind Individualisten, der Gleichmacherei durch Shopstewards (Gewerkschaftssekretäre) abgeneigt.

    Vier Arten von Truckern

    Es gibt vier Arten von Truckern, die Longhaul Truckdriver, die Regional Drivers, die Citytrucker und die Shunter. Weil Amerikas Jugend keine Lust mehr hat, wochenlang von zu Hause weg zu sein, sind Longhaul Truckdriver gesuchte Leute, man spricht auch hier von der zunehmenden "Trucker shortage", also dem Fahrermangel. Viele Firmen bieten mittlerweile bis zu 1.000 Dollar Handgeld und 500 Dollar für die Vermittlung eines Kollegen.

    Unterwegs-in-USA-und-Kanada-19-fotoshowImageNew-7e221af6-206673.jpg

    Fernfahrer sind in etlichen Provinzen Kanadas Mangelware, deshalb können europäische Fahrer dort zu vereinfachten Bedingungen einwandern. Deutsche Fahrer haben dabei keineswegs einen Bonus. Hier werden alle Nationen gleich behandelt. In den USA ist es nur mit Greencard möglich Trucker zu werden.

    Nordamerika ist trotzdem kein Paradies

    Ein Paradies für Trucker ist Nordamerika aber keineswegs. Bezahlt wird per Meile. Wobei die Lohnsysteme genauso kompliziert sind wie die Handytarife in Deutschland. Es ist lange nicht gesagt, dass ein höherer Lohn pro Meile einen höheren Wochenlohn ergibt. Es gibt Zuschläge, Abschläge, Bonusse, Geld für entladen, beladen, umsatteln, warten, New York fahren und so weiter. Die Krankenkasse ist in Kanada staatlich und kostenlos. Viele Firmen bieten kostenlose Zusatzversicherungen. Es gibt zwölf bezahlte Feiertage und zusätzlich zum Lohn vier Prozent Urlaubsgeld.

    Unterwegs-in-USA-und-Kanada-19-fotoshowImageNew-9ce233b7-206675.jpg

    Die Arbeitszeit beträgt 70 Stunden pro Woche. In den USA sind elf Stunden Fahrzeit innerhalb von 14 Stunden erlaubt, in Kanada 13 Stunden innerhalb von 16 Stunden. Eine Pausenregelung gibt es erst seit Juli 2013. In den USA muss jetzt nach acht Stunden Fahrzeit eine dreißigminütige Pause eingelegt werden. In Kanada gibt es keinerlei Pausenregelung.

    Kompliziertes Arbeitszeitsystem

    Das System ist kompliziert und in der Kürze nicht zu erklären. In der Praxis kann man bei sieben Tagen pro Woche etwa 8,5 Stunden pro Tag fahren. Das System ist flexibel, man kann mal kürzer fahren und dafür am nächsten Tag ein paar Stunden dranhängen, man kann auch während des Abladens in die Stadt zum Essen fahren ohne seine Fahrzeiten kaputtzumachen. Es gibt keinerlei Sonn- und Feiertags-Fahrverbote. Von der Lenkzeit abgezogen wird der tägliche Pretrip, die Abfahrtskontrolle. Vor Fahrtantritt muss ein amerikanischer Trucker sein Fahrzeug kontrollieren und das Ergebnis im sogenannten Logbook eintragen. Täglich eine Viertelstunde darf diese Kontrolle dauern. Auch bei Trailerwechsel muss der Trailer 15 Minuten inspiziert werden.

    Es gibt keine Tachoscheibe und keine Fahrerkarte. Es gibt ein Logbook in das man handschriftlich seine Zeiten einträgt. Wer da aber glaubt, man könne kräftig schummeln, der irrt gewaltig. Die DoT Leute, vergleichbar dem BAG, können anhand von Tankrechnungen, Faxquittungen, Mautquittungen und Frachtbriefen auf die Viertelstunde nachrechnen ob das Logbook den Tatsachen entspricht.
    Wer auf dem Logbook "fiddelt" bekommt schnell Fahrverbot

    Unterwegs-in-USA-und-Kanada-19-fotoshowImageNew-34c5dc49-206676.jpg

    Kurz nach der Grenze in Windsor in Kanada ist eine riesige Kontrollstelle. Dass die DoT hier auch am Neujahrstag aktiv ist, das hatte Kollege Frank nicht für wahrscheinlich gehalten. Er hatte sein Logbook mit Hilfe eines Computerprogramms perfekt "gefiddelt", wie man hier zu sagen pflegt. Aber der DoT-Officer merkte sehr schnell, dass da was nicht stimmte. Die Strafe: 500 Dollar und, was noch viel schlimmer ist, drei Tage Fahrverbot. Franks Truck stand am hinteren Ende des Parkplatzes. Frank sah an diesem Tag wirklich sehr alt aus. Drei Tage Pause auf diesem gottverlassenen Parkplatz sind wirklich kein Zuckerschlecken. Wir haben ihn mitgenommen in die nächste Stadt. Frank hat da ein Hotelzimmer für drei Tage genommen.

    Kanadische und US-Unternehmer schielen nach Europa und dem europäischen Electronic Logbook. Etliche Großfirmen haben von sich aus bereits einfache elektronische Systeme eingeführt.
    Verkehrssünderkartei ist öffentlich zugänglich

    Es gibt eine Verkehrssünderkartei für Transportunternehmer, und wer den Status "unsatisfied" erhält, hat erhebliche Probleme. An den zahlreichen Wiegestationen tippt der Beamte die Unternehmernummer, die an jedem Truck sichtbar seitlich angebracht sein muss, in seinen Computer und er weiß dann ob er den Truck einer näheren Überprüfung unterziehen soll. Es gibt "class one", "class two", "walkaround inspections" und "paperwork checkups". Die Beamten sind dabei extrem freundlich, höflich, aber ihr Computer sagt ihnen genau wo es bei der Firma hakt. Mancher Officer begnügt sich dann mit einer ausführlichen Belehrung was man anders machen solle in Zukunft. Die Sünderkartei ist auch für Behörden, Konkurrenten, Auftraggeber und so weiter zugänglich. Darum halten nordamerikanische Unternehmer ihre Fahrzeuge technisch in Topzustand, und Cowboys, Fahrer die viel Mist bauen, fliegen schnell raus.

    Unterwegs-in-USA-und-Kanada-19-fotoshowImageNew-249c83c9-206669.jpg

    Fahrer, die sich an die Geschwindigkeiten halten, haben selten Probleme mit der Polizei. Die Strafen sind moderat, aber so viele Strafzettel wie in Europa kann man sich nicht leisten. Und: Jedes Ticket, privat oder dienstlich ist dem Safety-Manager zu melden. Der Führerschein ist schnell weg.
    Transponder wird zum "Big Brother"

    Jedes Fahrzeug hat einen Transponder an der Windschutzscheibe. Einmal, an der US-Grenze in Sweetgrass/Alberta, begegnete uns ein wie immer höflicher und freundlicher Officer. Unser Hund bekommt zuerst ein Leckerli, dann begrüßt er uns mit: "Hello, Mr and Mrs Stumreiter!" Woher er das wisse, fragte ich, weil wir ihm noch gar keine Papiere gezeigt hatten. Er schmunzelt nur und meint, er könne mir noch ganz viel mehr über uns erzählen. Datenschutz ist in Kanada und USA kein Thema.

    Seit 2011 gibt es in USA eine Verkehrssünderkartei ausschließlich für Trucker, von allen Firmen einsehbar. Das System ist noch in der Erprobung, aber man rechnet, dass in Zukunft etwa 100.000 Fahrer gelegentlich eine mehrjährige Pause einlegen werden, weil sie Punkte abbauen müssen. Die Unternehmerverbände laufen derzeit Sturm gegen das System.
    Werner sucht Kollegen für TransX

    Unterwegs-in-USA-und-Kanada-19-fotoshowImageNew-eca96aaa-206680.jpg

    Werner Stumreiter fährt für TransX. TransX ist die größte inhabergeführte Spedition Kanadas mit derzeit 3.000 Mitarbeitern. Sie wurde 1963 gegründet und hat mittlerweile 1.500 Trucks sowie 4.000 Trailer in ihrem Fuhrpark. "Wir suchen Fahrer zwischen 25 und 54 Jahren und Teams, zwei Freunde oder ein Ehepaar mit mindestens dreijähriger Fahrpraxis in den letzten 5 Jahren", sagt Werner. Außerdem müssten die Bewerber über einen einwandfreiem Leumund, wenig Punkte in Flensburg und ausreichend Englischkenntnisse verfügen. Der Lkw-Führerschein muss neu gemacht werden. Wer sich bewerben will: Als Unterlagen braucht Werner zunächst einen Lebenslauf, das polizeiliche Führungszeugnis sowie einen Kraftfahrtbundesamt-Auszug. Die Unterlagen gehen dann per Mail an: werner_stumreiter@yahoo.ca .

    Unterwegs-in-USA-und-Kanada-19-fotoshowImageNew-d7d743dc-206685.jpg


    http://www.eurotransport.de/bilder/fernfah…otoshow_item=22

  • ein ehemaliger kollege von mir ist vor ca 4 jahren nach kanada ausgewandert und fährt seither für bison, er teilt seine erfahrungen in der facebook-gruppe "Mit dem Truck kreuz und quer durch Kanada und den USA"

    finde es ziemlich interessant und er schickt auch immer viele bilder mit

  • "Wir suchen Fahrer zwischen 25 und 54 Jahren und Teams, zwei Freunde oder ein Ehepaar mit mindestens dreijähriger Fahrpraxis in den letzten 5 Jahren", sagt Werner.


    Wäre ich noch jung, hätte ich die Koffer schon gepackt :!:

    In Europa erwartet uns die nächsten Jahre mit Sicherheit nichts Gutes. :nein:

    Eine ganze Heerschar von Arbeitssuchenden aus dem Osten, vorwiegend aus Rumänien und Bulgarien, werden den Truckerarbeitsmarkt zusätzlich stark belasten :!:

  • Wäre ich noch jung, hätte ich die Koffer schon gepackt :!:

    In Europa erwartet uns die nächsten Jahre mit Sicherheit nichts Gutes. :nein:

    Eine ganze Heerschar von Arbeitssuchenden aus dem Osten, vorwiegend aus Rumänien und Bulgarien, werden den Truckerarbeitsmarkt zusätzlich stark belasten :!:

    ja hisco über sowas habe ich vor paar jahren auch schon nach gedacht, als paar freunde von mir es gemacht haben. aber da sind wir jetzt schon zu alt.

    Warum nach den Sternen greifen, wenn man einen fahren kann.

    Mitleid bekommt man geschenkt, Neid muß man sich verdienen.

    Die Tochter des Neides ist die Verleumdung.

  • Lenk- und Ruhezeiten Relaxt durch Nordamerika :!:


    Quelle Fernfahrer: Werner Stumreiter erklärt dieses Mal das Arbeitszeitmodell in Amerika und zieht einen Vergleich zwischen der Arbeitssituation für Fernfahrer in Amerika und in Deutschland :!: Außerdem zeigt er, dass ein Lumper weder ein Lump noch ein Lumpensammler ist …Viele Leser sind schockiert, wenn sie lesen, wir fahren hier in Nordamerika 70 Stunden die Woche :!: Wenn ich in fünf Tagen 70 Stunden fahren müsste, also 14 Stunden pro Tag, da würde ich morgen den Zündschlüssel abgeben.

    In Europa geht die Arbeitswoche im Speditionsverkehr von Sonntagabend bis Freitagabend, vielleicht noch bis Samstagmittag. Hier in Amerika darf 365 Tage im Jahr gefahren werden, und die Woche kann auch zum Beispiel von Mittwoch bis Dienstag gehen :!:

    Ein Arbeitszyklus dauert 14 Tage. :!: Wir sind hier nicht in der Kalenderwochen-Tretmühle eingespannt :nein: und wir können auch mal ein paar Tage länger zu Hause bleiben, wenn es uns und dem Chef passt. :rolleyes: Man ist hier sozusagen freischaffender Künstler :thumbup: Rita und ich fahren drei Wochen und machen dann eine Woche Pause. Der Trend, zumindest bei Grossfirmen, geht dazu, dass Fahrer im zweiwöchigen Rhytmus arbeiten :!:

    Einmal editiert, zuletzt von hisco (29. März 2015 um 18:52)

  • FortsetzungUSA FAHNE KLEIN.gif Quelle Fernfahrer: So wird die Arbeitszeit in Nordamerika berechnet :!:

    Sagen wir, am ersten Tag fahre ich 11 Stunden, dann bleiben für die restlichen sechs Tage noch 59 Stunden. :think: Fahre ich sechs Tage lang jeden Tag elf Stunden, so habe ich 66 Stunden gefahren, bleiben für den siebten Tag nur vier Stunden übrig, weil ich ja nur 70 Stunden in sieben Tagen fahren darf :!:

    Ich muss mir also meine Stunden einteilen :!: (so wie bei uns auch) Ausserdem muss die Zeit für Pretrip, Posttrip und Tanken (jeweils 15 Minuten) auch noch von den 70 Stunden abgezogen werden :!:  Kontrollen an Wiegestationen von der DoT, sind auch Arbeitszeit :!:  So bleiben also, wenn man 14 Tage lang immer ausreichend Fahrzeit zur Verfügung haben will, ca 8,25 Stunden Lenkzeit pro Tag übrig :!: Theorethische Lenkzeit :!:  

    Sagen wir, ich fahre 850 Kilometer und darf 100 Stundenkilometer schnell fahren, so brauche ich für die Strecke 8,5 Stunden :!: Theoretisch. :think: Praktisch werde ich etwas länger brauchen, so dass ich also in Wirklichkeit neun oder zehn Stunden brauche, wenn ich durch Montreal oder Los Angeles muss :!:  Eingeloggt wird nur die theoretische Arbeitszeit :!:  Man will ja hier soviel Meilen wie möglich machen, denn man wird im Fernverkehr nach Meilen bezahlt :!:

    Nach sieben Arbeitstagen fängt die Zählerei und Schreiberei keineswegs wieder von vorne an, sondern es zählen immer die jeweils letzten sieben Arbeitstage.  :thumbup:

  • Fortsetzung,Quelle Fernfahrer:-------Auch in den USA USA FAHNE KLEIN.gif ist die große Freiheit vorbei :!:

    In sieben Kategorien werden die Unternehmen überprüft, von Lenkzeitverletzungen über Unfälle bis technischer Zustand :!:  Das ergibt dann eine Prozentzahl :!:
    Wer unter 70 Prozent kommt, der hat nichts mehr zu lachen. :huh:  Wer unter 30 Prozent kommt, der kann das Transportgewerbe praktisch vergessen. ;(
    Er muss einen elektronischen Tacho in alle Fahrzeuge einbauen lassen, und er kann sicher sein, dass seine Fahrer an jeder Wiegestation einer „Class one Inspection“ unterzogen werden :!:  Die DoT (The U.S. Department of Transportation) macht dann auch regelmässig Hausbesuch :!:  Auditing heisst das hier :!:  

    Seit neuestem gibt es sogar eine Punktestatistik für Fahrer, :think: ausschließlich für Vergehen am Trucklenkrad :!: Ich (Werner Stumreiter) zum Beispiel  stehe mit 18 Punkten in den miesen, weil einmal meine Abblendlichtbirne durchgebrannt war. :/  In drei Jahren habe ich wieder eine weiße Weste :!: Wollte ich woanders anfangen, hat der zukünftige Boss Zugriff auf diese Daten. Die große Freiheit in den USA ist vorbei :!:

    Bericht: von Werner Stumreiter

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!