• Das Elend an der Autobahn

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    Kabotage, Lenk- und Ruhezeiten und das Elend osteuropäischer Fahrer an der Autobahn. Am Sonntag, 3. November, um 19.30 Uhr beleuchtet ein Fernsehbeitrag von Sebastian Galle und Jan Bergrath dieses Spannungsdreieck ausführlich in der Sendung Westpol im WDR.

    Die A 4 zwischen Köln und Aachen an einem ganz normalen Wochenende. Auf den beiden großen Raststätten an der Transitautobahn nach Westen sind die Lkw-Parkplätze überfüllt mit Lastzügen aus Osteuropa. Die Fahrer haben sich in ihren Kabinen häuslich eingerichtet und zum Teil Satellitenantennen installiert, um wenigstens das TV-Programm ihrer Heimat zu empfangen, hin und wieder verlassen sie die Laster, um sich zwischen den Trailern aus den mitgebrachten Vorräten auf Gaskochern ein Essen zuzubereiten. Geld, um sich im warmen Rasthaus zu verpflegen, haben sie nicht, oft reicht es noch nicht einmal zur kostenpflichtigen Nutzung der sanitären Anlagen.

    Seit der Erweiterung der Europäischen Union im Jahr 2004 ist der Anteil der Lkw aus den neuen Beitrittsländern rapide gestiegen, die Statistik der Mauteinnahmen auf den deutschen Autobahnen belegt, dass deutsche Fahrzeuge über 12 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht dort nur noch 61,8 % ausmachen. Im Zuge der Verlagerung von Produktionsstandorten in den nahen Osten haben auch westeuropäische Speditionen Teile ihrer Flotten nach Osteuropa ausgeflaggt, vor allem weil dort die Fahrerlöhne, die rund 33 Prozent der Kalkulation eines Lkw ausmachen, erheblich günstiger sind. Von 1.200 bis maximal 1.500 Euro Monatslohn im westlichen Polen bis 400 Euro in Rumänien und Bulgarien reicht die Spanne. Ein deutscher Lkw-Fahrer aus NRW verdient laut Tarifvertrag etwa 2.400 Euro, reale Bruttolöhne pendeln sich zwischen 1.800 und 2.200 Euro brutto ein. Das ist eigentlich immer noch zu wenig für den Fahrer selbst, aber zu viel für die internationalen Warenströme.

    Große Flotten aus Osteuropa beherrschen den Straßengüterverkehr

    Große Flotten aus Polen, Ungarn und vor allem dem Baltikum beherrschen heute, meist unter Regie westeuropäischer Logistikkonzerne, den internationalen Straßengüterverkehr und die Zwischenwerksverkehre der deutschen Automobilkonzerne. In Belgien und den Niederlanden lassen Transporteure ihre Auflieger von Zugmaschinen aus Südosteuropa ziehen, deren Fahrer zum Teil über drei Monate im Lkw campieren müssen. Gegen diese zunehmende Konkurrenz der osteuropäischen Billigflotten, die ihre Fahrer wie Lohnsklaven oft wochenlang auf Tour schicken und dabei nicht selten sogar illegale inländische Transporte, sogenannte Kabotage, durchführen, demonstrieren nun immer öfter deutsche und westeuropäische Lkw-Fahrer und einige Unternehmer. Zuletzt am 5. Oktober in der Dortmunder Innenstadt. Die Initiatoren wie der Solinger Lkw-Fahrer Udo Skoppeck fordern dabei immer wieder, dass längst bestehende Gesetze einfach auch eingehalten und kontrolliert werden.

    Denn die Praxis der mehrwöchigen Touren verstößt gegen geltendes Recht. Eine für alle europäischen Lkw-Fahrer gültige Verordnung aus Brüssel, die VO (EG) 561/2006 über die Lenk- und Ruhezeiten, besagt in Artikel 8/Absatz 8 klar, dass Fahrer ihre regelmäßige wöchentliche Ruhezeit von mindestens 45 Stunden nicht im Lkw verbringen dürfen. Wenn ein Fahrer aus Osteuropa schon drei Wochen quer durch Europa tourt, verstößt er mindestes einmal gegen dieses Gesetz. Eigentlich müsste er seine Ruhezeit in einem Hotel verbringen – oder längst wieder am Standort des Lkw sein. So hat es die EU-Kommission beabsichtigt.
    Der einsame Kampf des Raymond Lausberg

    Doch niemand kontrolliert diese Verordnung wirklich auf der Straße, gerade die deutsche Autobahnpolizei, die den Innenministerien der einzelnen Bundesländer unterstellt ist, lässt diesen Rechtsbruch gewähren, auch weil im Gesetz keine direkte Strafe hinterlegt ist, wenn die Fahrer eben diese Ruhezeit im Lkw verbringen. Man schiebt die Verantwortung auf das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) – und das hat nicht genug Leute, am Wochenende zu kontrollieren. Allein ein belgischer Polizist, Raymond Lausberg von der Autobahnpolizei Battice an der E 40 von Aachen nach Lüttich, fährt gelegentlich am Wochenende Streife, um gegen die massiv ausufernde Problematik des Sozialdumpings im Straßengütertransport auch die EU-Politiker seines Landes zu gewinnen.

    Die ausführliche Reportage zu diesem Themenkomplex läuft am Sonntag, den 3. November im WDR in der Sendung "Westpol". Starttermin ist um 19.30 Uhr. Die Wiederholung läuft am Montag, 4. November um 10 Uhr.
    eurotransport.de

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