Kontrovers: 45-Stunden-Pause nicht mehr im Lkw?
Nach Artikel 8 Absatz 8 der EU-Verordnung 561/2006 darf der
Fahrer die regelmäßige Lenkzeitunterbrechung am Wochenende nicht im Lkw
absitzen. Der finanzielle Vorteil (gegenüber einer Hotelrechnung) ist
bei Billigtransporteuren fest einkalkuliert.
Ist das Gesetz aus Brüssel – wie so oft in der Politik– zwar gut
gemeint, aber in der Realität nicht umsetzbar? Handelt es sich um einen
kaum kontrollierter Rechtsbruch zum Vorteil osteuropäischer
Dumpingfirmen? Noch eine Menge anderer Fragen drehen sich um diese
Verordnung. Auf Anregung des FERNFAHRER hat die Autobahnpolizei Köln mit
dem Gastgeber Polizeihauptkommissar Hermann-Josef Bougé zum runden
Tisch geladen. Das BAG vertritt Bernd Krekeler, Außendienstleiter aus
Münster.
Die Sorge der deutschen Transportunternehmer, die unter dem
Preiskampf leiden, bringt Helmut Schmitz, Geschäftsführer von Husch
Transporte aus Pulheim und aktives Mitglied im Verband
Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen (VVWL), zum
Ausdruck. Michael Martini vertritt nach einer Blitzumfrage unter den
Mitgliedern seines Internetforums Truckerfreunde.de die Meinung der
Lkw-Fahrer. Für den FERNFAHRER diskutieren Jan Bergrath und als
Moderator Andreas Techel.
Müssen jetzt alle ins Hotel?
Krekeler stellt klar: "Es geht in der Tat tatsächlich nur um die
regelmäßige wöchentliche Ruhezeit von 45 Stunden, die nicht im Lkw
verbracht werden darf. Die verkürzte wöchentliche Ruhezeit von 24
Stunden darf natürlich im Lkw verbracht werden." Techel: "Wir haben
bereits besorgte Anfragen von Fernfahren bekommen, ob jetzt plötzlich
alle ins Billighotel müssten. Mehrere Fahrer aus dem Forum der
Truckerfreunde haben gesagt, dass sie lieber weiter im Lkw übernachten
möchten." Martini: "Ich sehe ein Problem darin, dass
höchstwahrscheinlich die Diebstahlrate hochgehen würde, wenn der Lkw
unbeaufsichtigt auf einer Raststätte stehen würde. Es gibt zu wenige
Sicherheitsparkplätze. Und natürlich gibt es noch das Problem der
Kapazitäten, wenn etwa am Wochenende 40 Fahrer im Autohof auflaufen und
irgendwo untergebracht werden müssen."
Juristische Unschärfen
Krekeler beschreibt die juristischen Schwierigkeiten: "Es gibt keinen
direkten Tatbestand, der sagt, du bekommst eine Geldbuße, weil du nicht
im Hotel übernachtet hast oder weil du im Lkw übernachtet hast. Nur, es
zählt nicht mehr als Ruhezeit und man kann es indirekt darüber ahnden,
dass man sagt, die vorgeschriebene Ruhezeit wurde nicht eingelegt. Wenn
der Lkw rollt, dann zählt es auch nicht als Ruhezeit, wenn der Beifahrer
schläft. Auch da gibt es keinen speziellen Tatbestand. Das ist zugleich
die Schwäche, weil das Gesetz eben nicht sagt, man muss im Hotel
übernachten, sondern es heißt nur, sie darf nicht im Lkw verbracht
werden."