Psychologische Unfallnachsorge: Alptraum Unfall
[Blockierte Grafik: http://img3.eurotransport.de/Lkw-Unfall-articleOpeningImage-675c253e-78471.jpg]
Die Zahl der Lkw-Unfälle steigt. Körperliche Verletzungen werden
kuriert. Doch nur wenige Fahrer nutzen die psychologische
Unfallnachsorge.
Auch wenn es eine schlechte Nachricht für das Image des
Straßentransports ist: Die Zahl der schweren Lkw-Unfälle nimmt leider
wieder zu. Nahezu täglich kracht es auf Deutschlands Straßen. Allein im
Bereich der Kölner Autobahnpolizei stieg die Unfallbeteiligung von Lkw
um 20 Prozent, bei Unfällen an Stauenden sogar um 32,12 Prozent. So wie
am 11. Januar, als ein Hängerzug auf der A 1 ungebremst auf einen Pkw
kracht. Das Auto geht sofort in Flammen auf, die 18-jährige Fahrerin
verstirbt. Nach ersten Untersuchungen war der Fahrer abgelenkt –
mittlerweile durch Bordcomputer, Handys und Navigationsgeräte eine der
häufigsten Unfallursachen überhaupt.
Das bestätigt auch der Kölner Verkehrspsychologe Prof. Dr. Wilfried
Echterhoff: "Jede einzelne Ablenkung führt zu einer geteilten
Aufmerksamkeit. Multitasking gibt es nicht. Unser Gehirn nimmt
Ereignisse hintereinander wahr, nicht gleichzeitig. Das kann zu
Reaktionszeiten von bis zu zwei Sekunden führen. In dieser Zeit legt ein
Lkw, der mit 80 Stundenkilometern unterwegs ist, rund 45 Meter zurück.
Dazu kommt der Bremsweg von 40 Metern. Ein Unfall am Stauende ist kaum
zu vermeiden."
Die Folgen eines schweren Unfalls müssen aufgearbeitet werden
Schon seit den 70er-Jahren forscht Echterhoff (70) zu diesem Thema.
Seit 1995 beschäftigt er sich mit der Frage, wie man den Menschen in
mobilen Berufen, die in einen schweren Unfall verwickelt wurden, helfen
kann, mit dieser Situation umzugehen. Zunächst waren es die Kölner
Verkehrsbetriebe (KVB), die in einem zweijährigen Pilotprojekt das Thema
psychologische Unfallnachsorge bei Bus- und Bahnfahrern aufgriffen. Im
ÖPNV ist sie heute in den vielen Betrieben selbstverständlich. Auch die
Bahn hat auf Druck der Gewerkschaft GDL erkannt, dass man die
Mitarbeiter nach einem Unfall psychologisch unterstützen muss.
Nur in der harten Welt des männerdominierten Straßentransports lässt
man Fahrer nach einem Unfall oft allein. Es muss nicht so krass sein wie
im Beispiel zweier rumänischer Fahrer, die 2011 nach einem schweren
Unfall im Kreuz Münster- Süd auf der Stelle entlassen wurden. "Aber die
wenigsten Transportunternehmen nehmen ihre Fürsorgepflicht gegenüber
ihren Fahrern, die einen Unfall hatten, wahr. Dabei hat mittlerweile
auch die Berufsgenossenschaft anerkannt, dass Lkw-Fahrer, die die Folgen
eines schweren Unfalls aufarbeiten müssen, krank sind und
psychologischer Hilfe bedürfen, wenn sie wieder in ihrem Beruf arbeiten
wollen", so Echterhoff.
Direkt nach einem Unfall sollte man sich nicht ans Steuer setzen
Mit seinem Netzwerk von 40 bundesweit angeschlossenen
Psychotherapeuten (siehe https://trucker-forum.at/www.unfallnachsorge.de) kümmert er sich um
diese Fahrer. Ein Unfall ist ein traumatisches Ereignis und im ersten
Schock neigen viele zur Selbstüberschätzung. Manche fahren sogar vom
Unfallort selber wieder zurück. Das sei der erste Fehler, jemand aus der
Firma sollte den Fahrer abholen und ihn nach Hause bringen, so
Echterhoff. Ebenso hilft die Einnahme von Tabletten über einen längeren
Zeitraum nicht, dauerhaft die Bilder, die immer wieder auftauchen, aus
dem eigenen Gedächtnis zu löschen. Die Fachleute nennen dies Intrusion.
"Sobald der Körper in den Ruhemodus gelangt, tauchen die Bilder auf.
Meistens in der ersten Nacht. Es ist das Gefühl der Hilflosigkeit, weil
man die Kontrolle über die Situation verlor. Dieser Verlust der
Handlungsfähigkeit erzeugt Angst. Dazu kommt Angst um den Verlust des
Arbeitsplatzes."
Wie bei dem Lkw-Fahrer, der nach einem unverschuldeten Unfall mit
einem Pkw mit seinem Zug umgekippt war. Er konnte danach nicht einmal in
die Nähe eines Lkw. Nach 25 intensiven Gesprächsstunden wagte er sich
schließlich wieder ans Steuer eines Fahrschul- Lkw – aber erst, nachdem
sich Echterhoff zuerst selber hinters Steuer setzte. Heute fährt er
wieder, sogar Gefahrguttransporte.
Die Unfallnachsorge wird in der Transportbranche totgeschwiegen
15 Stunden sind die durchschnittliche Dauer einer Therapie. In dieser
Zeit ist der Fahrer krankgeschrieben und sollte auch nicht mit dem Pkw
zur Sitzung kommen, sondern sich bringen lassen. Auch einen Lkw- Fahrer,
der den Tod einer Radfahrerin verursacht hat, unterstützt Echterhoff
mit seinem Team. Dazu gehört ein Besuch der Unfallstelle mit der
Polizei. "Das Verstehen eines Unfallhergangs entlastet. Wenn der Fahrer
weiß, wo er den Fehler gemacht hat, nimmt es ihm die Angst und er kann
akzeptieren, dass er die verkehrsrechtliche Schuld hat."
Die Unfallnachsorge macht die Fahrer nach der Therapie wieder
handlungsfähig. "In jedem Unternehmen sollte es einen Mitarbeiter geben,
der nach einer kurzen Schulung weiß, wie er in einer derartigen
Situation handeln soll." Bei großen Betrieben übernimmt das in der Regel
der Arbeitsschutzbeauftragte nach einem Notfallplan. "Doch leider wird
die Unfallnachsorge in der Transportbranche totgeschwiegen."
Quelle:https://trucker-forum.at/www.eurotransport.de
Hiermit wünsche ich allen Kollegen/innen - welche sich in einer solch traurigen Lage befinden - auf diesem Wege alles Gute und viel Kraft zur Aufarbeitung und zur Bewältigung !!!